Kairo - 25. November 2006
Seit einer Woche sind wir in Kairo. Heute haben wir erstmals
touristisches Pflichtprogramm absolviert, die Tage zuvor hatten wir
verschiedene Dinge besorgt und erledigt (wir sind jetzt im Besitz eines
Visums für den Sudan, der Computer funktioniert wieder und auch unser
Toyo ist wieder klar für die Weiterfahrt) und uns im Übrigen einfach
durch das Leben in dieser unglaublichen Stadt treiben lassen.
Kairo ist die größte Stadt Afrikas und hat geschätzte 18 Millionen
Einwohner. Entsprechend groß ist der Schock im ersten Moment, das
Verkehrschaos ist sehr gewöhnungsbedürftig und auch die Orientierung
fällt zunächst nicht leicht. Inzwischen bewegen wir uns hier wie die
Fische im Wasser.
Die negativen Äußerungen, die wir immer wieder in Berichten anderer
Reisender lesen („permanente Anmache, Betrug, Belästigungen durch die
zahlreichen Straßenverkäufer“ und so weiter) können wir so nicht
nachvollziehen und fühlen uns im Gegenteil, wie bisher überall in
Ägypten, sehr wohl und sicher und jederzeit herzlich willkommen.
Besonders beeindruckt hat uns die „Müllstadt“ am Fuße der Mokattam
– Berge. Dieses Viertel ist eine von sechs Siedlungen, in denen
insgesamt mehr als 50.000 Menschen im und vom Müll leben. Die
„Müllmenschen“, Zabbalin genannt, Kopten, die Ende der 1940er Jahre aus
Mittelägypten nach Kairo eingewandert sind, fanden in der Metropole
keine andere Arbeit und organisierten deshalb eine private Müllabfuhr.
Sie sammeln den Müll in der Stadt, sortieren vor und in ihren Häusern
mit den bloßen Händen Wertstoffe aus und führen Sie der Wiederverwertung
zu. Einfache, ehrliche Menschen, die stolz sind auf ihre wichtige
Arbeit…
Eine weitere außergewöhnliche Wohnform in Kairo sind die „Totenstädte“.
Auf zwei großen Friedhöfen leben geschätzte 150.000 Menschen zwischen
Grabsteinen, und haben dort im Laufe der Jahre ein ganz normales
Stadtteilleben etabliert. Die Wohnbauten verfügen inzwischen über Strom
und fließendes Wasser, es gibt zahlreiche Geschäfte, Teehäuser und auch
sonst alles, was der Ägypter so zum leben braucht.
Im „Holzviertel“ lebt man ihn Hütten aus Abfallholz unter sehr beengten
Verhältnissen zusammen mit Tieren und zahlreichen Kindern. Die Bewohner
schlachten zum Abbruch bestimmte Altbauten aus und versuchen, die
Fundstücke als Antiquitäten zu verkaufen oder in einer anderen Form
einer neuen Bestimmung zuzuführen.
Leben am Rande der Gesellschaft. Hier fanden wir die Theorie widerlegt,
dass Armut Kriminalität erzeugt. Die von anderen Touristen häufig
beklagte Bettelei und das ständige Fordern von Bakschisch für jede noch
so kleine Dienstleistung haben wir hier nicht erlebt. Auch mit einem
weiteren Vorurteil wird hier aufgeräumt: der arabische Mann sitzt
keineswegs den ganzen Tag im Teehaus…
Wir fanden hier jederzeit freundliche, aufgeschlossene und ehrliche
Menschen, die sich über den Kontakt zu uns freuten.
Morgen wollen wir noch den Pyramiden von Gizeh einen Besuch abstatten
und dann über die Oasen in der westlichen Wüste in den Süden fahren.