Alles Gute zum Geburtstag
Mswati III, der König von Swasiland, wird vierzig
Was wünscht man sich zum Geburtstag, was geht einem durch den Kopf an
seinem Vierzigsten, wenn man Mswati III heißt, der „Löwe von Swasiland“?
Denkt man darüber nach, ob wohl noch eine Luxuskarosse Platz hat in der
königlichen Garage, oder überlegt man sich, was man daran ändern könnte,
dass mehr als die Hälfte der eigenen Untertanen von
Hilfsmittellieferungen abhängig ist, weil sie sich die tägliche Hand
voll Mais zum Überleben nicht mehr leisten kann? Freut man sich schon
auf die nächste minderjährige Jungfrau, die man in seinen Harem
aufnehmen wird oder zieht man in Betracht, dass es einen Zusammenhang
geben könnte zwischen der traditionellen königlichen Polygamie und der
Tatsache, dass das Land die weltweit höchste Rate an HIV-Infektionen hat
und Aids im Begriff ist, eine ganze Generation auszulöschen? Sucht man
nach Möglichkeiten, sich noch mehr Macht zu sichern, oder beschäftigt
man sich mit dem Gedanken, doch ein Minimum an Opposition zuzulassen,
damit man nicht ganz alleine verantwortlich ist für das ganze Desaster?
Oder bestellt man sich mal eben die aktuelle Zeitung hinüber ins „The Legends Hotel“ auf Mauritius, wo man gerade standesgemäß den Feiertag
begeht und gefällt sich darin, sich
hundertfach von großformatigen
Glückwunschanzeigen lächeln zu sehen und die schriftlichen Huldigungen
von über 200 Schülern entgegenzunehmen?
Mswati III ist König von Swasiland, einem Zwergstaat im südlichen
Afrika. Seit seinem 18. Lebensjahr, genauer gesagt seit dem 25. April
1986, herrscht er mit eiserner Hand über ein Volk von gut einer Million
Seelen und sein Wort ist Gesetz. Zum Zeitpunkt seines Amtsantritts hatte
die durchschnittliche Lebenserwartung noch bei etwa 60 Jahren gelegen
und heute darf der Monarch in der Zeitung lesen, wie der Chefredakteur
der „Times of Swaziland“ in einer Laudatio an seine Majestät die
achtundvierzigseitige Geburtstagsbeilage des Blattes ganz ohne Ironie
mit den Worten einleitet, 40 Jahre alt zu werden sei in einer „Zeit, in
der die Lebenserwartung auf durchschnittlich 35 Jahre (andere Quellen
sprechen gar von nur 32 Jahren - der niedrigsten durchschnittlichen
Lebenserwartung der Welt!) abgestürzt“ sei, etwas, für das man jeden Tag
dankbar sein müsse. „Viele Kinder“, so das Blatt weiter, hätten „keinen
Vater, mit dem sie Geburtstag feiern könnten“, doch immerhin überlebten
sie selbst „durch Gottes Gnade“.
Nicht dass das alles den König kalt ließe: Man habe das Privileg gehabt,
schreibt die „Times“, seine Majestät immer wieder „zu der Entwicklung im
Land zu befragen“, wolle sich die Veröffentlichung seiner Ansichten
allerdings bis zum 6. September aufheben, dem großen Tag, an dem man den
40. Jahrestag der Unabhängigkeit zusammen mit dem 40. Geburtstag des
Königs öffentlich begehen will.
Elisabeth ist Direktorin der Esitjeni Primary
School in Lobamba, einen
Steinwurf entfernt von der königlichen Residenz. „Fast 600 Schüler
unterrichten wir hier“, sagt sie. „Über die Hälfte davon sind Waisen.
Und täglich werden es mehr”. Fast 200.000 Kinder in Swasiland wachsen
ohne Eltern auf, viele davon leben auf der Straße und eine Studie kommt
zu dem Ergebnis, dass es keine zwei Jahre mehr dauern wird, bis jeder
fünfte Einwohner des Landes ein
Waisenkind sein wird. Seine Exzellenz
empfiehlt in Anbetracht der erdrückenden Situation die Rückbesinnung auf
traditionelle Werte: „Früher“, so meint er, habe es „so etwas nicht
gegeben, weil es da noch die intakte erweiterte Familie gab“ und weist
sein Volk an, näher zusammenzurücken. „Die Ursache ist Aids“, erklärt
Elisabeth, „fast alle Eltern dieser Kinder sind an der Krankheit
gestorben.“ Fast alle Untersuchungen, die sich mit dieser Problematik
beschäftigen, weisen etwa 39% der sexuell aktiven Bevölkerung als
HIV-infiziert aus - ein trauriger Weltrekord. Seine Majestät indessen
zeigt sich optimistisch und als im Juli 2007 eine Studie veröffentlicht
wird, die unter Verwendung anderer statistischer Methoden auf eine Durchseuchung von „nur“ 26% kommt, bringt er seine Zufriedenheit zum
Ausdruck und lobt die Bevölkerung wegen ihrer „Fortschritte im Kampf
gegen die Seuche“. Elisabeth macht den König und das Festhalten an
Traditionen mitverantwortlich für die Katastrophe. „Die Lösung wäre die
Einehe“, sagt sie, „aber die Leute sagen: „Wenn der König viele Frauen
hat, kann das nicht falsch sein““. Und Kondome? „Ein afrikanisches
Sprichwort sagt“, meint Elisabeth, „„Du musst das Bonbon auspacken,
bevor du es essen kannst.“ Aber die Regierung hat anscheinend keine
Meinung dazu.“
Das stimmt so nicht ganz. Immerhin lässt das Gesundheitsministerium
überall im Land meterhohe Plakatwände aufstellen mit der Aufschrift:
„The church can make the difference in the fight against HIV/AIDS. Your
church can save the nation“.
Überhaupt scheint man große Hoffnungen in die Kirchen zu setzen. Der
König bezeichnet die Kirche, „die bedeutendste Institution der Welt“,
als einen „Wegweiser“ nicht nur in spiritueller sondern auch in
ökonomischer Hinsicht und nennt sein Land „Die Kanzel Afrikas“. Gott
habe das Königreich Swasiland erwählt und jedermann könne „Seine
Gegenwart hier spüren“.
Leider macht das aber die Menschen auch nicht satt und selbst Mswati III
empfindet es als einen „Grund zur Beunruhigung“, dass das Land „39 Jahre
nach der Unabhängigkeit noch immer keine Sicherheit in der
Nahrungsmittelversorgung“ habe herstellen können, obwohl das Potenzial
zur Ernährung aller Menschen vorhanden sei. Er empfiehlt, neben Mais
auch andere Feldfrüchte anzubauen und darüber hinaus auf die Produktion
von Blumen für den Export zu setzen und rechnet vor, in manchen
europäischen Ländern koste eine Blume 10 US-Dollar und, weil die meisten
Leute in Europa Blumen liebten, könnten Farmer in den Exportmärkten
„riesige Umsätze“ machen, weil sie ja dort in ausländischer Währung
verkauften. Wenn man die Gewinne dann in lokale Währung umrechne, würde
man feststellen, dass man „eine Menge Geld gemacht“ hätte. Auch im
Bereich der Viehzucht gibt er Anregungen: „Außer Milch und Fleisch“
könnte man ja „auch das Fell, die Hörner und die Hufe einer Kuh
verkaufen“.
Befolgt man all diese weisen Ratschläge, so wird es sicherlich ein
Leichtes sein, die Hoffnungen des Königs Wirklichkeit werden zu lassen.
In 2020, so meint der Monarch, werde man unter den ersten Zehn sein in
Bezug auf „nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, soziale
Gerechtigkeit und politische Stabilität“.
Den Menschen von Swasiland wünschen wir, dass diese Prophezeiung in
Erfüllung gehen möge. Dem König wünschen wir alles Gute zum Geburtstag.
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